Der menschgemachte Klimawandel wird auch Auswirkungen auf das Menschenrecht „Sport für Alle“ haben. Diese veränderten Perspektiven werden auch die Expert*innen beschäftigen, die am 28. Weltkongress des internationalen Breitensportverbandes TAFISA vom 1. bis zum 5. November dieses Jahres in Düsseldorf teilnehmen.
Dieser Text ist am 28. September 2023 im Rahmen der Medienarbeit von D3Smedia für den 28. TAFISA-Weltkongress vom 1.-5.11.2023 in Düsseldorf erschienen.
Eines kann bereits jetzt als unumstritten erachtet werden: die globale Erwärmung wird das Sporttreiben in Deutschland sowie in der gesamten Welt umfassend verändern. „Dabei werden professionelle Athlet*innen wie Breitensportler*innen gleichermaßen betroffen sein“, unterstreicht PD Dr. Karim Abu-Omar, Sportwissenschaftler an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Schon heute sind bereits offensichtliche Entwicklungen, wie beispielsweise das Ausbleiben von Naturschnee und der Einsatz von Kunstschnee in einigen Regionen des Skisports, festzustellen. Aber auch sich anbahnende Trends müssen beachtet werden, so Dr. Abu-Omar: „Im Tennisbetrieb wird im Sommer durchgespielt. Spieler*innen ertragen jetzt bereits Temperaturen von um die 40° C Platzboden-Temperatur. Die in der Zukunft zu erwartenden häufigeren Hitzetage gehen gepaart mit einer gestiegenen Belastung der Sportler*innen ein.“
Das heißt in der Konsequenz für die Athlet*innen, dass sowohl die Sportwissenschaft als auch die Sportmedizin sich mit der Zunahme von Hitze- und Extremwettertagen auseinandersetzen werden müssen. „In einigen Region der Welt, die noch sehr kalt sind, werden Möglichkeiten zum Sporttreiben hinzukommen, die bislang aus klimatischen Gründen noch nicht möglich waren. In anderen Regionen nehmen die Möglichkeiten zum Sporttreiben ab“, warnt Dr. Abu-Omar, „In der Summe nimmt das also erheblichen, globalen Einfluss auf das Menschenrecht ‚Sport für Alle‘.“
Aber nicht nur die Folgen von Klimawandel müssen im Kontext von „Sport für Alle“ von den Playern des Sportsystems betrachtet werden. Der globale Sport selbst wirkt auch gleich mehrfach auf das Klima. Zum einen lässt sich nicht bestreiten, dass auch die Sportausübung einiger Sportarten oder das Durchführen von Sportveranstaltungen einen erheblichen CO2-Fußabdruck generieren, der die Umwelt belastet. „Viele Menschen denken bei Selbstverständlichkeiten nicht an die Belastung für die Umwelt. Bei einem Profi-Tennismatch werden beispielsweise um die 40 Tennisbälle verschlissen. Die Produktion dafür erfordert nicht unbeträchtliche Ressourcen wie Chemikalien, Energie und Wasser“, gibt der Forscher zu bedenken. Da ist die Anreise oder weiteren Belastungen noch gar nicht berücksichtigt.
Auf der anderen Seite kann die Implementierung gerade von niedrigschwelligen Bewegungsformen wie Laufen und Radfahren im Alltag dabei helfen, erhebliche Mengen CO2 in der individuellen Fortbewegung einzusparen. Die Forderung des Menschenrechts „Sport für Alle“ kann also nur erreicht werden, in dem man einen interdisziplinären Austausch fördert – wie beispielsweise zu Stadtentwicklern. Diese Verbindungen sollen beim 28. Weltkongress der TAFISA in Düsseldorf gelebt werden. Dort steht „Sport und Klimawandel“ im Mittelpunkt als eines der Schwerpunktthemen.
An diesem Austausch hat auch der Dachverband des deutschen Sports ein erhebliches Interesse. Für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) koordiniert Bianca Quardokus als Referentin für Sportstätten, Umwelt und Nachhaltigkeit die Bemühungen des organisierten Sports: „Der Klimawandel ist eine gesellschaftliche Herausforderung, die alle Akteure betrifft. Beim DOSB steht das Thema ‚Umwelt‘ bereits seit über 30 Jahren auf der Agenda, da viele Sportarten von einem funktionierenden Ökosystem abhängig sind.“
Dabei sucht der DOSB den intensiven Austausch mit seinen Mitgliedsorganisationen, der Politik, Umwelt- und Naturschutzverbänden, der Wissenschaft sowie Initiativen und Netzwerken. Die Zusammenhänge zwischen Sport und Klimawandel werden so nicht nur in Umwelt- und Klimaschutzprojekten aufgearbeitet, sondern auch sachbezogene Aufklärung betrieben, wie beispielsweise zur durch den Klimawandel stark ansteigenden Gefahr von Hautkrebserkrankungen mit der Initiative „Clever in Sonne und Schatten“ für Breitensportler*innen, zu der DOSB und Deutsche Krebshilfe gemeinsam aufrufen.
Der DOSB möchte zudem helfen, den ökologischen Fußabdruck des Sports zu senken. Sehr häufig scheitert dieses Vorhaben aber am Zustand der Sportanlagen in Deutschland. Quardokus sieht hier auch die Politik in der Pflicht: „Der Sanierungsstau bei den rd. 230.000 Sportstätten in unserem Land ist auf mindestens 31 Milliarden Euro angewachsen. Das kann das Sportsystem allein nicht stemmen. Schon gar nicht, wenn hochenergetische Sportstätten wie die Bäder modernisiert werden müssen. Hier brauchen wir gemeinsame Anstrengungen und nachhaltige Allianzen.“
Anpacken kann nichtsdestoweniger jeder, da sind sich der Forscher Dr. Abu-Omar und die Nachhaltigkeitsreferentin Quardokus einig. In Fragen der Mobilität lassen sich einfach wirksame Schritte gehen. „Wenn jede Kreisligamannschaft, genauso wie die Profisportklubs, jede Top-Athlet*in und jede Breitensportler*in reflektieren, wie sie zur Sportstätte kommen und eine entsprechend nachhaltige Fortbewegungsart wählten, würden wir schon einen wichtigen Beitrag zur Senkung unseres CO2-Fußabdrucks leisten“, so beide unisono.
Website: www.tafisacongress-duesseldorf2023.com
Social Media: Der 28. Weltkongress der TAFISA auf Facebook und Instagram.
Über den 28. Weltkongress der TAFISA:
The Association for International Sport for All (TAFISA) ist die führende internationale Breitensportorganisation mit über 380 Mitgliedern aus über 170 Ländern mit Sitz in Frankfurt am Main. Seit 1991 hält sie alle zwei Jahre einen Weltkongress ab. Internationale Expert*innen, Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen kommen zusammen, um über gesellschaftliche Herausforderungen und ihre Lösungsansätze im Kontext des Menschenrechts »Sport für Alle« zu debattieren. In Sessions, Gesprächen, parlamentarischen Formaten und praxisnahen Präsentationen werden nationale Erfahrungen ausgetauscht und gemeinsam neue Aktivitäten und Meilensteine erarbeitet, um Menschen weltweit Zugang zu Bewegung und Sport zu ermöglichen. Die 28. Ausgabe des Weltkongress findet vom 1.-5. November 2023 in Düsseldorf statt. Ausrichter sind der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in Kooperation mit der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen und dem Landessportbund Nordrhein-Westfalen.