Internationalisierung im Sport ist bislang nicht so selbstverständlich wie in anderen Wirtschaftssegmenten. Das zeigte die hitzige Diskussion unter Fans, Managern und Medienvertretern in der Causa der chinesischen U20-Nationalmannschaft, die in einer deutschen Regionalliga außer Konkurrenz antreten sollte.
Sport gilt im Allgemeinen als verbindendes Element. Er bringt Menschen verschiedener Ethnien zusammen, unabhängig von sozialer und nationaler Herkunft sowie Religion oder gesellschaftlicher Stellung. Systemtheoretiker gehen soweit, Sport als für das Funktionieren eines Gesellschaftssystems notwendiges autopoietisches System zu sehen.
Dieses verbindende Element scheint in der Wahrnehmung mancher Anspruchsgruppen aber auch Grenzen zu kennen. Das mag daran liegen, dass sich ein Spannungsfeld ergeben hat. Sport gilt heuer als Wirtschaftsfaktor und unterliegt einer konstanten Professionalisierung und Kommerzialisierung. Und dieser Sachverhalt stößt bei Fans und auch manchem Vereinsverantwortlichen auf Unverständnis.
Beispielhaft dafür dürften die Diskussionen rund um die Teilnahme der chinesischen U20-Fußball-Nationalmannschaft in der Regionalliga Südwest in Deutschland gelten. Der Idee nach sollte die chinesische U20 außer Konkurrenz in der mit 19 Teams ungerade ausgestatteten Staffel starten und Vereinen als Testspielgegner dienen. Da aufgrund der ungeraden Zahl der Teams in der Liga stets eine Mannschaft spielfrei hat, böte sich diese Aufstockung an. Der Deal sah für die Regionalligisten vor, dadurch zwei „kostenlose“ Freundschaftsspiele zu erhalten sowie eine monetäre Kompensation von 15.000 Euro on-top. Für die chinesische Auswahl spränge im Gegenzug die Vorbereitung auf die olympischen Spiele in Tokio 2020 mit Spielen gegen attraktive Gegner heraus.
Zunächst zeigten die Vereinsvertreter der Regionalliga noch Offenheit für diese Idee, kurz nach Veröffentlichung der Idee schlug die Stimmung jedoch ins Negative um. Die Öffnung der Liga nach außen schien plötzlich gar keine gute Idee mehr. Nicht verschwiegen werden soll hier, dass noch andere Faktoren neben der Internationalisierung hier eingeflossen sind. Nichtsdestoweniger wurde der öffentliche Diskurs zumeist unter dem Deckmantel der Kommerzialisierung und Internationalisierung geführt.
Fakt ist, dass Internationalisierung im deutschen Spitzensport eine immer größere Rolle spielt und spielen muss. Gerade der Leistungsklassenfußball stößt in seinem Wachstum auf nationaler Ebene an seine Grenzen. Darunter zu verstehen sind die Erlöse aus Zuschauer- und TV-Rechtemarkt sowie dem Merchandising. Hier liegen riesige Potenziale im Ausland. Beispiel: FC Bayern München, der als Fokusmärkte die USA und China/Fernost ausgegeben hat. Die Ziele dieser Internationalisierung über die nationalen Grenzen hinaus liegen nicht nur im Geld, sondern auch in der Reputation und dem Formen eines weltweiten Fankultes, der eine notwendige Supporterbasis schafft und natürlich auch so durch die Hintertür mittels Merchandising und Co. riesige Ertragsquellen schafft.
Aber die kommerzielle Betrachtung hinsichtlich des wirtschaftlichen Wachstums ist nicht der einzige Faktor, der für ein Vorantreiben einer Internationalisierung spricht. Auch der sportlichen Entwicklung von Sportarten kann eine Sprengung nationaler Grenzkonstrukte bzw. einer Öffnung nach außen zuträglich sein. Als Beispiel darf das Beispiel der Volleyball Bundesliga genannt werden. Die Liga vergab eine Wildcard an das Kooperationsprojekt aus dem österreichischen Meister Hypo Tirol Innsbruck und TSV Unterhaching aus Deutschland. Die daraus entstandene Mannschaft HYPO TIROL AlpenVolleys soll nicht nur den offenen Startplatz in der 1. Bundesliga besetzen, sondern mit ihrer erwarteten Qualität das Rennen um die Deutsche Meisterschaft spannend und ergebnisoffen gestalten, was wiederum die ganze Volleyball Bundesliga stärken und als Marke besser positionieren kann. Ein sportlicher Grund kann auch im o.g. Beispiel der chinesischen U20 gesehen werden.
Was in der Wirtschaft schon gang und gäbe ist, deutet sich auch im Sport an: die Internationalisierung und die Öffnung von Sportmärkten erschließen neue Potenziale. Und die beschränken sich nicht nur auf kommerzielle Interessen, sondern schließen sehr wohl Entwicklungs- und Kommunikationspotenziale, sowie schlichtweg die Verbindung zu neuen Anspruchsgruppen mit ein. Und ich finde, das sollte das gedankliche Sprengen von nationalen Grenzen und Konstruktion wert sein. Es lohnt sich!