Die jüngsten Entwicklungen in der deutschen Politik zeigen, wie dynamisch die öffentliche Meinung auf Parteien reagiert. Mit dem Ende der Ampelkoalition und den bevorstehenden Neuwahlen wollen wir das Thema Sportsponsoring durch politische Akteure in neuen Fokus rücken. Ist Sponsoring von Vereinen oder Athlet:innen durch politische Akteure ethisch vertretbar?
Mit Sportsponsoring wollen Unternehmen ihre Marke, ihr Produkt oder ihre Dienstleistung mit dem Image eines gesponserten Vereins, einer/einem Athlet:in oder Sportler:in verbinden und so einen Wertetransfer erzeugen. Das ist längst gängige Praxis und findet sich heute selbst in den unteren Ligen.
Ein Präzedenzfall in Deutschland entstand im Jahr 1972, als Eintracht Braunschweig als erster Verein mit dem „Jägermeister“-Logo auf dem Trikot den Weg für Werbung im Sport öffnete. Seither haben sich immer intensivere Sponsoringformen entwickelt – von Namensrechten und Präsentationsrechten bis hin zu technischen Partnerschaften. Die Grenzen im Sportsponsoring scheinen nahezu unendlich zu sein.
Sponsoring als Dreiecksbeziehung
Sponsoring basiert auf einer Dreiecksbeziehung: Der Sponsor möchte die Zuschauenden des Sports erreichen und positive Imagekomponenten schaffen. Der Gesponserte profitiert davon, denn er hat die Transportfunktion in der Kommunikation inne. Um um das Dreieck zu schließen, ist es genau dieser Transport, der die Sportkonsumenten und Empfänger:innen der Botschaften beeinflusst.
Ob die Botschaft dabei von einem Limonadenhersteller oder Versicherungsmakler kommt, spielt in der Struktur des Sponsorings kaum eine Rolle – das System funktioniert mit verschiedensten Inhalten. Doch gerade bei ethisch sensiblen Themen wurden in den letzten Jahrzehnten Grenzen neu diskutiert. So hinterfragte der Handballsport beispielsweise die Zusammenarbeit mit „Beate Uhse“ als Trikotsponsor in den frühen 2000er-Jahren. Schlussendlich bleibt auch hier nur der Verweis auf den individuellen Fit und die Erkenntnis, dass Athlet:innen und Clubs selbst vertreten müssen, wen sie kommunikativ mit tragen möchten.
Politische Sponsorings: ethisch kritisches Engagement
Eine Gruppe von Sponsoren jedoch – politische Parteien – stellt für viele ein problematisches Thema im Sportsponsoring dar. Immer öfter erscheinen Parteien als Sponsoren in Arenen, auf Banden oder in Spieltagsheften. Was macht es aber so anders, wenn statt der „Schreinerei Mustermann“ die CDU-Ortsgruppe Musterdorf eine Ecke des Sponsoringdreiecks einnimmt?
Hier sind einige Denkanstöße zu diesem Szenario:
Regulatorische Grenzen für politische Werbung im Sport
Grundsätzlich stecken die meisten Sportverbände in ihren Regularien Grenzen für werbliche Maßnahmen und das Sportsponsoring ab. Dort findet sich zumeist eine ähnlich ausgestaltete Phrase, wie “Werbung mit politischem, religiösem oder rassistischem Inhalt wird nicht gestattet.” Diese Regelungen beschränken sich oft auf Trikotwerbung, gelten aber in vielen Fällen auch für sämtliche Sponsoringmaßnahmen am Spieltag.
Abfärbungseffekte und Image-Volatilität
Sportsponsoring basiert auf einer gegenseitigen Imageübertragung – und gerade politische Parteien bringen hier ein Risiko mit. Die politische Landschaft ist heute oft volatil, und politische Entscheidungen oder Äußerungen können schnell Kontroversen und Shitstorms auslösen. Ein Sportverein, der politisch gefärbte Botschaften mitträgt, riskiert, sein eigenes Image und das der anderen Sponsoren zu belasten. Zudem kann dies negative Reaktionen bei den Fans hervorrufen, die den Sport als parteipolitisch neutralen Raum betrachten.
Agendasetting und der Transfer in den Sport
Der Sport, der sich als verbindende, solidarische, demokratische, offene, nicht-rassistische und inkludierende Bewegung versteht, kann sich zwar für demokratische Werte aktiv einsetzen, sich aber keine Agenden von politischen Parteien zu eigen machen. Dies ist auch deshalb kontraproduktiv, weil der Sport selbst politische Interessen verfolgt, wie beispielsweise den gewünschten Ausbau von Sportinfrastruktur. Stellen Sie sich bitte vor, Sie würden für Partei XY werben, die dann im Stadtparlament gegen den Bau einer neuen von Ihnen gewünschten Sportanlage votiert.
Rechtliche Aspekte der Parteienwerbung
Gerade im Wahlkampf gelten für parteipolitische Werbung strenge Regeln und Beschränkungen. Der Sport sollte diese Regularien nicht aus Geldbedarf oder für Gefälligkeiten umgehen. Ein augenzwinkerndes Beispiel, wie die Kampagne „Zieh mit – wähle Helmut Schmidt“ (siehe Essay auf SportNachgedacht), mag harmlos wirken, untergräbt aber die Integrität des Sports.
Fazit: Hohe Risiken
Die Risiken im Umgang mit Parteien im Sportsponsoring sind erheblich – von der großen Liga bis zur lokalen Ebene. Selbst kleine Anzeigen oder Banner im Stadion sollten kritisch hinterfragt werden. Der Sport ist zwar per se nicht unpolitisch, sollte aber ein parteipolitisch neutraler Raum bleiben, in dem sich Fans, Sponsoren und Athlet:innen unabhängig von politischen Einflüssen begegnen können.